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Sanftheit, die unterschätzte Kraft

Manchmal nehme ich zu Beginn einer Körperarbeit die falsche Ausfahrt und sage: “Wenn etwas unangenehm ist, sagen Sie mir bitte gleich Bescheid.”

Besser wäre: “Wenn etwas nicht mehr angenehm ist, sagen Sie mir bitte Bescheid.”

 

Vorweggenommen: Ich möchte stets eine Rückmeldung, die Empfangende und ich, wir sind ein Team.

Begehe ich obengenannten Fehler, korrigiere ich ihn mit der Aussage: “Hm, unangenehm wird es allerdings kaum, mein Zugang zur Körperarbeit ist ein eher sanfter, ich möchte Sie nur bitten mir Bescheid zu geben, wenn es wo beginnt zu ziehen oder ähnliches, denn das gibt mir Auskunft über den Behandlungsverlauf.”

 

Darauf folgt zu 98% die Antwort: “Bei mir können sie ruhig fest arbeiten, das Sanfte mag ich gar nicht so.”

 

Ich glaube, dass die Qualität von Sanftheit oft nicht richtig verstanden wird. Wenn Sanftheit abgelehnt wird, geht es im Grund um Oberflächlichkeit. Ich höre in den  Antworten folgende Info: Ich möchte nicht oberflächlich behandelt werden, ich möchte gesehen werden, mit allem was mich ausmacht.

Wenn ich nachfrage, wird mir meine Vermutung, so oder ähnlich, bestätigt. 

 

Genau dies ist im Feld des Sanften möglich. Es braucht ein hinschauen und hinhören, um umfassend wahrzunehmen, was meine Klienten den nächsten Schritt gehen lässt. Wie auch immer er aussieht: Entspannung, Ruhe erlauben, Verbindung mit sich selbst erneuern, etwas über sich lernen, etwas fallen lassen, etwas überschreiben… 

 

Fester und schneller kann (!) dazu führen,  zu übersehen, drüber zu gehen, wo es ein Innehalten brauchen würde - sich im Irrgarten des weg-machen-wollens zu verlaufen.

Sanftheit erlaubt Wertschätzung von dem, was da ist, oder sich noch mehr öffnen mag. Sanftheit erlaubt das tiefer Tauchen in Geschichten, die der Körper erzählt, ohne Worte dafür zu benötigen. 

 

Von der Oberfläche in die Tiefe - sanft geht sich dieser Weg fast von selbst.

 

Sanftheit kann sich trotzdem auch fest und anhaltend anfühlen. 

Druck hingegen erzeugt Gegendruck und Widerstand. Niemand lässt sich gerne unter Druck setzen: ich “soll” mehr entspannen, ich “muss” lernen loszulassen… Die Chancen auf Erfolg sind mit Druck eingeschränkt.

Zuerst mag es sich gut anfühlen, denn Druck ermöglicht manchen sich überhaupt wieder zu spüren.

Deshalb kommt auch in meiner Arbeit achtsamer Druck, bzw sinken vor, um etwas spürbar zu machen - Widerstand und Blockaden spürbar zu machen und sie ins Bewußtsein zu holen. Der nächste Schritt ist stets eine Einladung in eine Qualität, die den Körper in seiner Bewegungsfreiheit oder Entspannung unterstützt.

 

Sanftheit kann die Qualität selbst sein, oder der Weg.

In Sanftheit schwingt immer eine Einladung, so wird aus sollen und müssen eine Möglichkeit und das Körpersystem entscheidet, ob es der Einladung folgen will oder nicht. Dies ist für Neulinge eine völlig neue Erfahrung und das Erstaunen über die Antwort des Körpers in Form von Weite, Beweglichkeit, Tiefenentspannung und echter Ruhe ist meist groß.

 

Sanftheit braucht Mut. Mut hält uns auf unserem Herzensweg. Dort können wir nichts übers Knie brechen, sanfte Beständigkeit ist hilfreich und Mut braucht es für die Beseitigung der Steine, die auf dem Weg liegen.

 

Sanft wird im Kreuzworträtsel oft zart genannt. Eine der Bedeutungen von zart ist schwach, schwächlich. Das wollen wir auf keinen Fall sein, nicht wahr? Die jungen Pflanzen im Frühling SIND zart, hellgrün und strotzen voller Lebenskraft und Wachstumswillen.

Ich lade dich ein, dich von Sanftheit an den Platz in dir tragen zu lassen, der dich an Lebenskraft, Freude und Vibration erinnert. Um von dort aus, wie in Wellen, diese Qualitäten in dir auszubreiten und überschwappen zu lassen, hinaus in deinen Alltag.

 

Ich lasse Dr. Milton Trager, dem Finder der TRAGER Methode, hier mit einer offenen Frage das letzte Wort: “... und sanfter wäre…?”

Diese Art der Fragestellung erfordert keine Anwort, sie ist als Werkzeug zu sehen, dass ein anderes Erleben ermöglicht.

Sei in dieser Frage, während du deinen Tätigkeiten nachgehst und stelle fest, was sich dadurch für dich öffnet. 

 

 

Petra Heim

Trainerin für Körper-und Bewegungsbewusstsein 

Trager Praktikerin

 

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